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Georg Salter

Buchdesigner in Berlin, 1922 - 1934

Georg Salter als Bühnenbildner

 

Auszug aus Leopold Schmidt, Boris Godunow. Große Volksoper, in: Berliner Tageblatt Nr. 91 v. 22.02.1924 (Abendausgabe)Auszug aus Leopold Schmidt, Boris Godunow. Große Volksoper, in: Berliner Tageblatt Nr. 91 v. 22.02.1924 (Abendausgabe)

"My brother George set up a miniature theater. It was a great deal more elaborate than a toy theater and quite a bit larger. He had designed and constructed it himself. As my brother had always been interested in stage design, this was a great way to work at his hobby, and I know that eventually it helped him to get his first job as assistant set designer for the State Opera Company. During the years of this and subsequent jobs as a stage designer, he made fascinating miniature sets of scenery. Everything was working on the stage even including an iron curtain and an intricate system of stage lighting. He gave up his career as a stage designer in favor of becoming a book jacket designer." Stefan Salter, From Cover to Cover (1969), S.13f.

 

Die Erinnerung seines Bruders Stefan zeigt, dass sich Georg Salter bereits als Jugendlicher für das Theater begeistert und auf eine Karriere als Bühnenbildner vorbereitet hatte.  Die wenigen Kenntnisse, die bislang über Salters erste Berufstätigkeit verbreitet werden, stammen vor allem von Hölscher (1930):

"Nachdem er 1916 seine Gymnasialbildung abgeschlossen hatte, wurde er 1919 Schüler Ewald Dülbergs, dessen strenge Kunstauffassung auch für seine ganze spätere Entwicklung richtunggebend wurde. Noch im gleichen Jahr bezog Salter die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in Berlin-Charlottenburg und widmete sich hier unter der Führung Harold Bengens fast ausschließlich der dekorativen Malerei. Diese Vorbildung befähigte ihn auch, schon wenige Jahre später an den Berliner Staatstheatern unter Emil Pirchan zu hospitieren, wo er zur Lösung praktischer Bühnenaufgaben herangezogen wurde. Anschließend wurde der Künstler unter Hans Strohbach Assistent an der damals neugegründeten Berliner Volksoper, wo er zuerst Gelegenheit fand, eine Reihe von Inszenierungen selbständig durchzuführen. Die Entwürfe für die denkwürdige erste Berliner Aufführung des "Boris Godunoff" wurden ihm damals bereits anvertraut. Nachdem sich die Volksoper aufgelöst hatte, ging Salter 1925 an die Vereinigten Stadttheater Barmen-Elberfeld, an denen er eine überaus fruchtbare Tätigkeit entfalten konnte, und wo er insgesamt über 100 Schauspiele, Opern und Operetten künstlerisch ausstattete."

Als 1919 gegründete gemeinnützige Aktiengesellschaft zur Demokratisierung der Oper hatte die "Große Volksoper Berlin" wirtschaftlich keinen Erfolg. 1922 im Gebäude des heutigen Theater des Westens eingerichtet, wurde bereits im November 1924 das Konkursverfahren eröffnet. Eugen Szenkar, damals Generalmusikdirektor an der Volksoper betrachtete die Aufführung von Mussorgskys "Boris Godunow" (Premiere am 21.2.1924) rückblickend ebenfalls als einen Höhepunkt: "Es dürfte im Februar 1924 gewesen sein. Eine großartige Regie mit enormen Mitteln triumphierte und riss die Hörer in begeisterte Zustimmung! Ein großzügiger Geldgeber ermöglichte diesen Luxus. [...] Der Mann hieß Rubin, war [...] russischer Abstammung und sein größter Ehrgeiz bestand darin, "seine" Nationaloper würdig herauszubringen." Eugen Szenkar, Mein Weg als Musiker (2014), S.76.

Bevor er in Barmen-Elberfeld tätig war, arbeitete Georg Salter zumindest ein Mal auch für das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg. Eine Besprechung der Neuinszenierung von Shakespeares "Kaufmann von Venedig" vom April 1925 hob Salters Bühnenbilder als "koloristisch-dekorative Meisterwerke" hervor.

Hamburger Anzeiger v. 30.04.1925Hamburger Anzeiger v. 30.04.1925

 

 

 

 

 

 

Nach eigenen Angaben (s. The World Musical and Theatrical Guide (1929)) waren Bühnenbilder Salters daneben auch im Münchner Residenztheater, im Wiener Volkstheater sowie in London, Mailand, Riga und Melbourne zu sehen. Laut Hölscher kehrte Salter 1927 aus Barmen-Elberfeld nach Berlin zurück, da ihn die "ausschließliche Betätigung beim Theater nicht mehr restlos befriedigte" und er ja auch zunehmend bereits in seinem zweiten Beruf als Gebrauchsgraphiker arbeitete, vornehmlich als Buchgestalter für den von der Familie gegründeten Verlag "Die Schmiede". Vermutlich war die sehr hohe Doppelbelastung nicht mehr länger zu tragen. Die prekäre finanzielle Situation seiner Familie im Zuge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schmiede-Verlags könnte zudem zu dem Wunsch geführt haben, noch näher an die Familie heranzurücken. Jedenfalls berichtete der Dramatiker Georg Kaiser im Oktober 1927 über die befreundete Familie Salter an seine Frau aus Meran: "Heute fragte ich nach Georg Salters Ankunft: sie ist sehr fraglich, da im Hause Salter größter Geldmangel herrscht. Nur Fräulein Salter konnte reisen, für zwei reicht es nicht." Georg Kaiser, Briefe 1916-1933 (1989), S. 292. Salter selbst begründete den Schritt gut dreißig Jahre später damit, dass ihm das Buchformat mehr gelegen und auch seinem Wesen besser entsprochen habe: "I also found the quiet studio preferable to the noisy stage. 'De gustibus non est disputandum'." Salter, A third of a century of graphic work (1961), S.2

Wie ein entsprechender Eintrag im "World Musical and Theatrical Guide" für 1929 sowie folgende Anzeige belegen, gab Salter die Bühnenbildnerei mit seiner Rückkehr nach Berlin nicht sogleich vollends auf. Dass er nach 1927 noch vereinzelt als Bühnenbildner fungierte, war bislang nicht bekannt. Ziemlich sicher hat Salter sogar die unten abgebildete Anzeige gestaltet. Zur markanten Schrift des Werktitels, die die Stimmung des Inhalts widerspiegelt, gibt es jedenfalls ähnliche Belege aus dem Bereich der Buchgestaltung. Hinweise zu den näheren Umständen der Tätigkeit für das Berliner Renaissance-Theater bieten die Erinnerungen von Rudolph Joseph, seinerzeit Dramaturg am Theater (Rudolph S. Joseph, Aus großer Theaterzeit (1994), S.79-81). Daraus geht hervor, dass das Renaissance-Theater Ferdinand Bruckners "Krankheit der Jugend" vom Bühnenvertrieb des Verlags "Die Schmiede" angekauft hatte. Joseph zufolge, war Georg Salter für "Die Schmiede" sogar an den Vertragsverhandlungen beteiligt. Um Geld zu sparen, hatte man für die Inszenierung offiziell keinen Bühnenbildner engagiert: "Diesmal wurden keine Möbel ausgeliehen, sondern billige gebrauchte bei Trödlern gekauft. Ein Hauptstück war ein altmodisches Sofa mit rotem Plüschbezug. Dieser wurde dann in verschiedenen Nuancen von Rot nachgefärbt, das Holz in Schattierungen von Braun überstrichen, die Wände in vielen, aber unauffälligen Varianten von Grün. So sollte das Auge des Zuschauers die einzige Dekoration annehmen wie ein impressionistisches Gemälde." Wohl nicht zuletzt, um dem vom eigenen Verlag vertriebenen Stück zum Erfolg zu verhelfen, wirkte Georg Salter an diesem Konzept offenbar zumindest so weit mit, dass er in der Anzeige für das Bühnenbild zeichnete. "Gigantenkampf der Geschlechter, voll tiefer Melancholie", bilanzierte das "Berliner Tageblatt" (Nr. 199 v. 27.04.28) nach der Premiere. "Im ganzen ein starker und besonderer Abend. Regie und Darstellung bewunderungswürdig. Der Beifall war sehr gross." 

 

Berliner Tageblatt Nr. 191 v. 22.04.1928Berliner Tageblatt Nr. 191 v. 22.04.1928