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Georg Salter

Buchdesigner in Berlin, 1922 - 1934

Über Georg Salter

 

Am 5. Oktober 1897 in Bremen geboren, wuchs Georg Salter mit drei Geschwistern (Lilly, Julius und Stefan) im Berliner Westen auf. Der Vater Norbert Salter (Wien 1868-1935) hatte ursprünglich als Cellist gearbeitet und sich anschließend zu einem international erfolgreichen Konzert- und Theateragenten entwickelt. Unter anderem vertrat er die New Yorker Metropolitan Opera in Europa. Die Mutter Stefanie, geb. Klein (1873-1946), war als Sängerin aufgetreten. Schwester Lilly lernte kurze Zeit im Atelier der Fotografin Lotte Jacobi  (von der Georg Salter später im Exil porträtiert wurde), Julius (1899-1973) war mit Unterstützung des Vaters Mitbegründer und Geschäftsführer des Verlags "Die Schmiede" (1921-1929), Stefan (1907-1985) betätigte sich als Buchgestalter, seit 1928 in den USA. Ob und wie Salter mit dem Dirigenten und Filmkomponisten Hans Salter verwandt war (Wien 1896-1994), bis 1933 Leiter der Musikabteilung der Ufa, bleibt zu ermitteln.

 

Nach Abitur und Militärzeit im Ersten Weltkrieg, die er als Kartenzeichner verbrachte, studierte Georg Salter an der Kunstgewerbeschule in Berlin-Charlottenburg Bühnenbildmalerei. Zwischen 1921 und 1927 wirkte er als Bühnenbildner an der Preußischen Staatsoper, der Berliner Volksoper und den Vereinigten Stadttheatern Barmen-Elberfeld, jedoch trat er ab 1922 zunehmend auch als Buchdesigner hervor - angeregt durch das Engagement seiner Familie für den Verlag Die Schmiede, an dem er selbst eine Beteiligung hielt. Für die Schmiede entstanden seine ersten Entwürfe, bis 1934 folgten über 30 weitere deutsche Verlage, darunter S. Fischer und Gustav Kiepenheuer, die  bedeutendsten Literaturverlage der Weimarer Republik.

 

Besonders in den wenigen Jahren zwischen 1927 und 1933 produzierte Georg Salter eine beeindruckende Menge von Einbänden und Schutzumschlägen und stieg neben John Heartfield (1891-1968) zu einem der geschätztesten deutschen Buchdesigner auf. Während es bis heute selten vorkommt, dass in Anzeigen einmal der Gestalter genannt wird, machten Verlage mit der Ausstattung durch Georg Salter ausdrücklich Werbung. Von Georg Trump angesprochen, unterrichtete Salter ab 1931 zudem an der Höheren Graphischen Fachschule in Berlin. 1930 widmete ihm die Zeitschrift "Archiv für Buchgewerbe und Gebrauchsgraphik" einen Sonderdruck mit farbigen Originalbeispielen seiner Schutzumschläge, 1932 stellte das Deutsche Buch- und Schriftmuseum in Leipzig Illustrationen und Buchumschläge Georg Salters aus.

 

Schlüssel zu Salters Erfolg waren Fleiß und Disziplin, enormes kalligraphisches und ein gewisses zeichnerisches Talent sowie sein Ideenreichtum und seine außerordentliche Vielfalt. Heartfield steht für die Fotomontage, Hans Meid für die impressionistische Zeichnung, Salter konnte beides und noch viel mehr: Wie auch auf diesen Webseiten sukzessive gezeigt werden soll, gibt es nicht eben zahlreiche, aber durchaus sehr gelungene fotomontierte Schutzumschläge von ihm, daneben gezeichnete oder typographisch bestimmte in vielerlei Varianten.

 

Highlight von Salters Kunst sind die Schutzumschläge, die er als einer der ersten gezielt als plakative Werbemittel entwarf. Heute fester Bestandteil eines Buches, in den auch fast alle gestalterische Kraft fließt, begriff man Schutzumschläge damals noch zunächst als Transportverpackung, ähnlich der heute üblichen schützenden Klarsichtfolie. Als Verkaufshilfe war der Schutzumschlag ein relativ junges Phänomen. "Der zeitgemäße und nach werblichen Gesichtspunkten gestaltete Schutzumschlag ist kaum zehn Jahre alt", notierte Eberhard Hölscher 1934"und auch hier wieder haben erst die letzten fünf bis sieben Jahre wirklich Bedeutsames hervorgebracht." Obwohl die Umschläge durch gute Gebrauchsgraphiker wie Heartfield, Salter und andere zunehmend ästhetischen Reiz gewannen, wurden sie meist schon bald nach dem Kauf entfernt und vernichtet. Dadurch sind Schutzumschläge der 1920er und 1930er Jahre in der Regel überaus selten. Ein Übriges taten die massenhafte Vernichtung von unerwünschten Restauflagen nach 1933 bzw. die erheblichen Bücherverluste im Zuge des Zweiten Weltkriegs.

 

Nach dem Beginn des nationalsozialistischen Terrorregimes und der sukzessiven Ausgrenzung von jüdischen MitbürgerInnen aus Unterricht und Kulturleben nahm Salters steile Karriere ein jähes Ende. Nachdem die Auftragslage schon infolge der Wirtschaftskrise zuletzt schwieriger geworden war, wurde er im März 1933 gezwungen, sein Lehramt an der Graphischen Fachschule aufzugeben und erhielt im August 1934 formell Berufsverbot (nochmals bekräftigt durch die Reichskulturkammer im Oktober 1935). Wohl auf Drängen von Freunden verzog er im Mai 1933 nach Baden-Baden, von wo er mit Hilfe seines Bruders Stefan schließlich erfolgreich die Ausreise in die Vereinigten Staaten betrieb. Der Versuch des ehemaligen Kiepenheuer-Direktors Fritz Landshoff, Salter für die Mitarbeit im Amsterdamer Exil-Verlag Querido zu gewinnen, führte lediglich zum Umschlagentwurf für die Zeitschrift "Die Sammlung" (erstes Heft September 1933). 37jährig, traf er am 18. November 1934 in New York ein.

 

Durch die Unterstützung von Freunden und Kennern seiner Arbeit, eine gewisse Bekanntheit selbst in den USA (z.B. hatte im November 1933 Hellmut Lehmann-Haupt 50 Salter-Umschläge an der Columbia-University ausgestellt) und auch infolge seines nicht so sehr an die Sprache gebundenen Berufs gelang Salter in der Emigration ein außerordentlich erfolgreicher Start. "Es geht mir prima", schrieb er am 16. Dezember 1934 an Georg Kurt Schauer, Herstellungs- und Werbeleiter beim S. Fischer Verlag: "Ich habe seit dem dritten Tag meiner Anwesenheit Aufträge. (...) Honorare sind hier im allgemeinen ca. 35-50$, bekannte Größe 50-100: ich habe mit 75 angefangen. (...) Ich muss viel arbeiten und das ist gerade das, was mir gefehlt hat." Im September 1935 wurden erste amerikanische Arbeiten Salters bereits im PM Magazine (1934-1942) vorgestellt, einem bedeutenden Schaufenster für einheimische wie eingewanderte Buchdesigner.

 

Mit seinem großen Talent und unermüdlichem Fleiß wurde Salter auch in den USA ein Star der Branche, arbeitete für renommierte Verlage wie Alfred Knopf, B.W. Huebsch und Simon & Schuster. Seit er am 19. September 1940 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten hatte, nannte er sich George Salter. Am 22. Juli 1942 heiratete er Agnes O'Shea (1901-1989). Kurz nach seinem 70. Geburtstag ist George Salter am 31. Oktober 1967 in New York gestorben.

 

 

Aufnahme Frieda Riess, um 1929Aufnahme Frieda Riess, um 1929 

Aufnahme Alfred A. Cohn, 1935Aufnahme Alfred A. Cohn, 1935